Priming-Effekt bei der Düngung

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Beim Düngen steht die bestmögliche Effizienz ganz oben auf der Agenda. Dazu müssen die Einflüsse auf die Umsetzungsvorgänge im Boden beachtet werden – dazu zählt auch der sogenannte Priming-Effekt. Was verbirgt sich dahinter?

Die Mineralisierung der Nährstoffe wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Der Priming-Effekt steht für folgendes Phänomen: Es werden mehr Nährstoffe mobilisiert, als mit der Düngung ausgebracht wurden – wo die herkommen? Aus dem Bodenpool und den organischen Düngern. Das geschieht durch Prozesse im Boden. Auch die Mikroorganismen, die für die Umsetzungsprozesse im Boden nötig sind, haben einen Bedarf an Stickstoff und Schwefel.

Die Novellierung der Düngeverordnung wird den Anspruch an das Düngemanagement weiter erhöhen. Es wird also noch wichtiger werden, das Ertragspotenzial bestmöglich auszuschöpfen. Dazu kann auch die Wahl des Düngemittels beitragen.

Für die Auswahl des passenden Düngers sind mehrere Faktoren wichtig: Die Bodenart und der pH-Wert, die Kultur und deren Entwicklungsstadium, ebenso der Gehalt an Nährstoffen im Boden – und deren Verhältnis zueinander.

Nährstofffreisetzung für Pflanze und Boden

Eine ausreichende Nährstoffversorgung erhöht die mikrobielle Aktivität der Bodenfauna in der Rhizosphäre, was eine erhöhte Mineralisation – also Nährstofffreisetzung – zur Folge hat: Die organische Bodensubstanz steht den Pflanzen im ersten Schritt nicht als Nährstoffpool zum Wachstum zur Verfügung. Sie dient als Nährstoffspeicher, denn die Nährstoffe darin müssen erst durch Mikroorganismen und enzymatische Aktivität erschlossen und pflanzenverfügbar gemacht werden. Durch den Einsatz von Mineraldüngern werden nicht nur die Kulturpflanzen versorgt, sondern auch das Bodenleben ernährt – und somit dessen Aktivität gefördert. Das wiederum fördert die Nährstofffreisetzung. Am besten gelingt dieser Effekt in Kombination mit organischen Düngemitteln.

Im letzten Jahr wurden oft höhere Nmin-Werte ermittelt, als durch die Düngung im Vorjahr zugeführt worden ist. Böden können einen N-Vorrat von 4000-7000 kg/ha aufweisen. Diese Menge ist jedoch zum Großteil organisch gebunden, jährlich werden davon 1-3 % mineralisiert und somit pflanzenverfügbar. Durch den beschriebenen Effekt, kann dieser Pool verstärkt genutzt werden. Vor allem mit der Aktivierung innerhalb der Vegetationsperiode durch Mineraldüngereinsatz im richtigen Moment – nämlich dann, wenn die Pflanzen den Hauptnährstoffbedarf haben. Auch eine intensiv frequentierte Bodenbearbeitung kann viel Nährstoffpotenzial freisetzen – allerdings gehen vor allem mobile Nährstoffe bei unzureichender Folgebegrünung oft ungenutzt verloren.

Mineralisation durch das richtige C/N-Verhältnis

Neben den genannten Faktoren, ist auch die Qualität der organischen Substanz und die Bodenstruktur entscheidend für die Mineralisationsleistung. Beispielsweise sind Nährstoffmengen bei verdichteten Böden oft nicht zugänglich. Ein weiterer Einflussfaktor auf die Mineralisation ist das C/N-Verhältnis. Je enger dieses ist, umso schneller erfolgt die Mineralisation. Ein Beispiel für organische Dünger mit weitem C/N-Verhältnis ist Stallmist, bei Ausbringung kurz vor der Aussaat kann dieser sogar Stickstoff fixieren und die Kultur leidet bei unzureichender Nachlieferung unter Stickstoffmangel.

Um möglichst effizient mineralisch Düngen zu können, ist es unabdingbar, die Nährstoffgehalte des Bodens und der organischen Düngemittel zu kennen. In den roten Gebieten ist eine jährliche Untersuchung der Gülle bereits seit der letzten Novelle vorgeschrieben. Eine betriebseigene Beprobung pro Jahr bietet allerdings lediglich einen groben Überblick. Mittels Nahinfrarotspektroskopie (NIR) während der Ausbringung kann in Echtzeit die gesamte Güllemenge kontrolliert ausgebracht werden. Je nach Zustand der Homogenisierung, liegen die Stickstoffwerte teils bis zu 2 kg/m³ auseinander. Auch die endliche Ressource Phosphor sollte gezielter eingesetzt werden. Der Großteil befindet sich bei Gülle vor allem im Sediment, damit könnten gezielt unterversorgte Flächen angefahren werden, während die Dünngülle gezielt betriebsnah ausgebracht werden könnte, um Transportkosten zu sparen.

Möglichst reaktive, konzentrierte Festdünger haben den größten Priming-Effekt.

Besonders bei höheren pH-Werten sollten gezielt sauer wirkende Mineraldünger eingesetzt werden. Ausgeprägt ist der Effekt bei Böden mit hohen Tongehalten, die im Frühjahr träge starten und sich nur langsam erwärmen. Beim Einsatz von Ammoniumsulfat gibt es im Boden unterschiedliche Prozesse, die eine erhöhte Nährstofffreisetzung zur Folge haben, besonders ammoniumhaltige Düngemittel fördern Mikroorganismen.

Pflanzenverfügbare Mikronährstoffe durch Versauerung

Ein weiterer Prozess ist die Freisetzung von fixierten Nährstoffen durch die direkte und physiologische Säurewirkung. Durch die positive Ladung von Ammonium (NH4+), gibt die Wurzel zum Ladungsausgleich H+ Ionen ab und wirkt somit physiologisch sauer. Eine direkte Wirkung besitzt der Schwefelanteil, durch die negative Ladung von Sulfat kann dieses mit positiv geladenen Kationen in Bindung gehen. Infolgedessen sinkt der pH-Wert in der Rhizosphäre und fixiertes Nährstoffpotenzial wird frei. Vor allem Calciumphosphate und Mikronährstoffe werden auf diesem Weg pflanzenverfügbar.

Schwefel als Protein Booster

Viele Jahre wurde der Schwefeldüngung vor allem im Getreideanbau wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Doch besonders durch reduzierte Stickstoffdüngung, werden an erster Stelle Rohproteingehalte rückläufig sein. Um bis zu 15 kg N voll ausnutzen zu können, wird jeweils mindestens 1 kg S/ha benötigt. Es ist essenzieller Bestandteil von Eiweißverbindungen und schwefelhaltigen Aminosäuren. Da die Qualitätsbewertung von Backweizen künftig mehr auf die Backqualität fokussiert wird, ist vor allem hier der Schwefel im Hinblick auf hochmolekulare Eiweißformen wichtig, um hohe Backvolumen zu bewirken.

Doch welche Schwefeldüngeform ist die richtige? Am besten kalkulierbar ist Schwefel in Sulfatform, da dieser direkt pflanzenverfügbar ist. Da die Schwefelaufnahme parallel zur Stickstoffaufnahme verläuft, bietet sich die gezielte Kombination von Stickstoff- und Schwefeldüngung im Frühjahr an. Jede Düngemaßnahme und alle weiteren Eingriffe in den Boden haben Auswirkungen auf die Interaktion der Makro- und Mikronährstoffe. Generell gilt: Böden mit geringeren Tonanteilen reagieren empfindlicher und schneller auf Ungleichgewichte. Neben der Stickstoffdüngung ist ein Ausgleich mit dem passenden Kalk zum Standort ein Muss, vor allem auf Böden mit geringerem Anteil an carbonathaltigen Ausgangsgestein.

Die Verfügbarkeit der Makronährelemente hängt stark von der Belegung an den Austauschern ab. Um die gesetzlich limitierten Nährstoffe Stickstoff und Phosphor bestmöglich zu nutzen, müssen daher alle Faktoren betrachtet werden.

Susanne Reichert

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Richard Ratter

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