Precision Farming – Einsparpotenziale für Betriebsmittel nutzen

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Die Digitalisierung der Landwirtschaft bietet viele Möglichkeiten und Lösungsansätze für innovative Veränderungen und werden unter dem Sammelbegriff Landwirtschaft 4.0 zusammengefasst. Viele dieser Neuausrichtungen müssen als Problemlöser herhalten, um die Erwartungen und den Handlungsdruck neuer Verordnungen zu erfüllen. Doch nicht alle Neuheiten sind praxistauglich und für jeden Betrieb umsetzbar. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist Precision Farming. Dabei geht es um die Optimierung von Anbauverfahren mittels Sensorik und digitaler Applikationstechnik.

Effizienz- und Ertragssteigerung durch teilflächenspezifische Maßnahmen

Teilflächenspezifische Ausbringung von Betriebsmitteln ist das Gebot der Stunde, um den stetig höheren Anforderungen gerecht werden zu können! Betriebsmittel wie Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln werden nicht mehr pauschal je ha Ackerfläche, sondern bedarfsorientiert und auf Grundlage teilflächenbezogener Bestandsdaten ausgebracht. Damit ist der Landwirt in der Lage, strenger werdende gesetzliche Auflagen zu erfüllen, die Effizienz von N- und P-Dünger zu erhöhen und Umweltbelastungen und Anbaukosten je ha zu senken.

Potenzialkarten berücksichtigen unterschiedliche Gegebenheiten und Bedingungen

Datengrundlage für eine teilflächenspezifische Ausbringung von Betriebsmitteln sind webbasierte Ackerschlagkarteien, die Geoinformationen wie beispielsweise Daten der Reichsbodenschätzung, Ergebnisse von Bodenbeprobungen, Bodenfeuchte- und Wasserleitfähigkeitsmessungen sowie Ernteertragsdaten des Mähdreschers oder des Ladewagens erfassen, gewichten und verrechnen können. Die daraus entstehenden Potenzialkarten können zusätzlich in regelmäßigen Abständen mit Drohnen-Luftbildaufnahmen zum Zeitpunkt der Getreideabreife abgeglichen werden. So werden Nieder- und Hochertragsbereiche auf den einzelnen Ackerschlägen ermittelt und entsprechende Applikationskarten zur Stickstoff-, Phosphor- oder Kaliumdüngung anhand von Soll-Werten für die einzelnen Kulturarten erstellt, die dann über das ISOBUS-Terminal an die Feldspritze oder den Düngerstreuer übertragen werden.

Nutzung digitaler Satellitendaten bei Aussaat und N-Düngung

Zur Erstellung von Applikationskarten für die Aussaat oder als Alternative zu N-Sensoren bei der Düngung ist die Nutzung frei zugänglicher, digitaler Satellitendaten des SENTINEL-Programms möglich. Diese hierbei gelieferten Vegetationskarten stellen den aktuellen Biomasse-Aufwuchs dar und machen Unterschiede im Aufwuchs von Kulturarten auf den einzelnen Ackerflächen sichtbar. Dabei ist jedoch zu beachten, dass bei dieser Darstellung nicht direkt pauschal auf den tatsächlichen Ernährungszustand von Pflanzen geschlossen werden kann. Um den tatsächlichen Düngebedarf entsprechend der teilflächenspezifischen Bedürfnisse von Kulturarten zu ermitteln, müssen wie bei der Erstellung von Potenzialkarten weitere Daten wie z. B. Bodengüte, Bodenfeuchte oder örtliche Besonderheiten im Feld (z.B. Schattenwurf an Wald-Feld-Rändern) mit den Satellitendaten abgeglichen werden. Nur so entstehen bedarfsgerechte Applikationskarten. Zudem erhält der Landwirt über dieses Verfahren eine teilspezifische Dokumentation und damit einen Nachweis über die ausgebrachten N-Mengen.

Vom Grundsatz her bilden satellitenbasierte Potenzialkarten den Versorgungsgrad vorangegangener Vegetationsperioden ab, während N-Sensoren bei einer Überfahrt oder bei der Ernte den aktuellen Stickstoff-Versorgungsgrad der Kulturen erfassen. Daher ist, anders als die Nutzung von Potenzialkarten, der Einsatz von N-Sensoren auch nur während der Vegetationszeit möglich. Im Vorauflauf von Kulturen muss daher stets auf Potenzialkarten zurückgegriffen werden, um bedarfsgerechte und teilflächenspezifische Applikationskarten zu erstellen.

Teilflächenspezifische Ausbringung flüssiger Wirtschaftsdünger mit NIRS-Sensoren

Eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der Düngeeffizienz ist der Einsatz von NIRS-Sensoren (NIRS = Nah-Infra-Rot-Spektroskopie), die bereits verbreitet zur Trockensubstanzmessung des Erntegutes bei Feldhäckslern zum Einsatz kommen. Bei der Befüllung von Güllefässern oder Ausbringung sind NIRS-System zudem in der Lage, verschiedene Nährstoffgehalte (N, P, K) in flüssigen Wirtschaftsdüngern wie Gülle und Gärresten zu erfassen. Dadurch werden die teils beträchtlichen Schwankungen der Inhaltsstoffe direkt ermittelt und ergänzen die jährliche Laboruntersuchung. Das stellt nur einen Durchschnittswert der wirtschaftseigenen Düngemittel dar.  Zudem können die Ergebnisse online und in Echtzeit an entsprechende Software übermittelt, eingespielt und unmittelbar zur bedarfsgerechten Applikation verarbeitet werden.

Dieses Verfahren könnte zukünftig die in der Praxis immer noch gängige Berechnungsmethode der Ausbringungsmenge nach Durchschnittswerten von Wirtschaftsdünger ablösen. Dabei wird bisher die Ausbringungsmenge auf Volumenbasis in m³/ha und auf Grundlage standardisierter Nährstofftabellen ermittelt. Die Tatsache, dass die Nährstoffgehalte wirtschaftseigener Düngemittel jedoch stark variieren, wird bei diesen Berechnungen jedoch nicht berücksichtigt und kann zur Über- und Unterversorgung von Teilflächen führen.

DüV-20 Vorgaben mit moderner Sensortechnik und digitalen Daten erfüllen

Die Nutzung von N- und NIRS-Sensoren sowie die Nutzung und Analyse digitaler Daten können Landwirten heutzutage helfen, stetig steigende Auflagen bei Düngung und Pflanzenschutz zu erfüllen. Unabdingbare Grundlage hierfür bleiben jedoch auch die Erhebung eigener Messwerte bei Bodenbeprobungen und Ernteertragserfassung.

Der Erfolg aller dargestellten Methoden hängt jedoch maßgeblich von der Bereitschaft der Landwirte ab, ihren langjährigen Erfahrungsschatz mit den teilflächenspezifisch erhobenen Daten zu vereinen und diese mit weiteren Parametern abzugleichen, um daraus die richtigen, bedarfsorientierten Pflanzenbaumaßnahmen abzuleiten. Dann kann Precision Farming ein echter Erfolgsbringer sein.

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Thomas Loschen

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