Nährstoffverlagerung in den Böden

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Auswaschung oder Versauerung stehen für einen ganz natürlichen stetig ablaufenden Prozess, die Nährstoffverlagerung. Ihren Anfang nimmt sie auf blankem Gestein in den Gebirgen und findet ihren vorläufigen Abschluss in den Weltmeeren. Es ist ein dynamischer unaufhaltsamer Prozess seit Milliarden von Jahren auf unserer Erde.

Versauerung , Nährstoffverlagerung

Versauerung ist Teil natürlicher Prozesse

Das Lösemittel Wasser ist der natürliche Niederschlag mit seinem pH-Wert 5,6. Der pH-Wert wird vom atmosphärischen Kohlendioxidgehalt bzw. der Kohlensäure beeinflusst.
Wer erinnert sich nicht an die Stalagmiten und Stalaktiten in den Tropfsteinhöhlen als wir mit unseren Eltern oder später mit unseren Kindern diese besuchten. Voraussetzung für die Bildung von Tropfsteinhöhlen ist ein hoher Gehalt gelöster Mineralien im Wasser, die sich in den Höhlen ablagern.

Das Wasser der Weltmeere wird durch den Chemismus der in Lösung gegangenen Elemente bestimmt. Es enthält 88,6 % Chlorverbindungen, 10,8 % schwefelsaure Salze und 0,6 % kohlensaure Salze oder andere Elemente. Im Meerwasser sind Gase physikalisch gebunden, z.B. Sauerstoff, Kohlendioxid und Stickstoff. Durch den Sauerstoffgehalt ist Leben möglich.

Unsere Böden in 0 – 2 m Tiefe sind mit 2.400 Gt der größte terrestrische Kohlenstoffspeicher. Die Erde, eigentlich ein Wasserplanet, verlor mit der sich veränderten Landnutzung von Wald- bzw. Wiesenböden in Ackerland 40 – 60 % an Humus. Resultat ist eine Beschleunigung der Prozesse der Nährstoffverlagerung. Und der Mensch nimmt zunehmend Einfluss darauf. Ökosysteme sind eine komplexe ökonomische Kreislaufwirtschaft mit selbstregulierender Dynamik.

 

Pflanzenwachstum nur mit Versauerung möglich

Pflanzen geben über ihre Wurzeln Protonen ab, um im Gegenzug Mineralstoffe aufnehmen zu können. Dadurch wird der Boden saurer. Je größer die Konzentration von Wasserstoffprotonen ist, desto niedriger ist der pH-Wert um die Wurzel herum. Es ist der Beginn aller Sukzession. Pflanzen entziehen dem Boden mehr Kationen als Anionen, es folgt eine langsame Versauerung.

Durch Regen wird CO2 in den Boden eingetragen und Kohlensäure gebildet. Die Atmung der Bodenlebewesen und Pflanzenwurzeln liefern CO2, das mit Wasser zu Kohlensäure reagiert und ebenfalls den Boden saurer macht. In diesem Zusammenhang erklärt sich der Jahresgang des Boden pH-Wertes durch Mineralisation.

Daneben gibt es weitere natürliche Stoffe und chemische Reaktionen im Boden, die zu einer Bodenversauerung beitragen. Außerdem hängt der pH-Wert des Bodens vom Ausgangsgestein ab: Einige Gesteinsarten sorgen von sich aus für einen eher sauren Boden.
Eine nachhaltige Versauerung tritt erst dann ein, wenn die Protonenzufuhr die Säureneutralisationskapazität des Bodens übersteigt.

Bedeutung menschlicher Einflüsse

Die vom Menschen beeinflussten Prozesse der Bodenversauerung sind nachhaltiger Natur. Sie treten meist in viel größerem Umfang auf und können diese Prozesse beschleunigen. Normalerweise gelangen alle Stoffe, die von Pflanzen aufgenommen wurden, wieder in den Boden zurück, wenn die Pflanzen absterben. Das Ganze ist ein Kreislauf. Wenn Pflanzen jedoch von uns Menschen geerntet und entnommen werden, passiert das nicht und ein Ungleichgewicht entsteht. Die Pflanzen geben mehr Protonen ab, als neutralisierende Stoffe durch absterbende Pflanzenteile wieder eingetragen werden können. Eine ganzjährige Feldbegrünung entschleunigt Verlagerungsprozesse.

Über den Bedarf verwendete Düngemittel, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, führen zu einer Versauerung. Durch Anwendung einer standortangepassten Kalkung werden Bedingungen erreicht, die eine hohe Wirkung aller Nährstoffe ermöglichen.
Beim sogenannten sauren Regen bis Ende der 1980’er Jahre wurden Schadstoffe aus der Atmosphäre, die bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entstehen, aufgenommen und in den Boden eingetragen. Die hohen Schwefelsäureeinträge liegen aktuell deutlich unter den NOx-Einträgen. Ersichtlich am Flechtenbewuchs der Bäume und Sträucher.

Holzaustrag und Monokulturen wie Nadelwälder tragen maßgeblich zur Bodenversauerung bei. Während ursprünglich vor allem Laubwälder in unseren Breiten wuchsen, wurden Wälder überwiegend mit Nadelbäumen aufgeforstet. Dadurch wird der Boden saurer. Der zukünftige Umbau unserer Wälder zu Mischbeständen wird ökologischen Anforderungen besser gerecht.

Traktor streut Stickstoffdünger auf das Feld

Die positive Seite der Versauerung nutzen

Pflanzen entziehen dem Boden Nährstoffe aus verschiedenen Bodentiefen. So gelingt es ihnen Wetterextreme besser zu durchstehen und differenzierte Nährstofflöslichkeiten zu nutzen. Bekanntlich werden erst mit anorganischen Anionen (Carbonat, Nitrat, Chlorid, Sulfat) und Kationen zusammen Salze. Je nach Bodenfeuchte lösen z.B. NO3- (feuchte Böden) oder Cl- (trockene Böden) Kationen, für die Ernährung der Pflanze bzw. zur Verlagerung in tiefere Bodenschichten. Unter langen trockenen Bedingungen leben Pflanzen von den Nährstoffen aus dem feuchten Unterboden.

Der Einsatz von ammoniumhaltigen Düngern in der Landwirtschaft führt zu einer pH-Absenkung. Das ist ein natürlicher Trick, um Nährstoffe zu lösen und für die Pflanzen besser verfügbar zu machen. Der Umfang der pH-Absenkung hängt vom Verbleib des bei der Nitrifizierung entstandenen Nitrats ab. Also haben wir einen Wirkungsgrad von z.B. 100 % oder nur 50 % des eingesetzten Stickstoffes für die Pflanzen. Von Pflanzen nicht aufgenommener Stickstoff verlagert als Nitrat in der kalten Jahreszeit u.a. Calciumionen. Ähnlichen Zusammenhängen unterliegen Leguminosen-Monokulturen.

Durch platzierte Stickstoffdüngung erfolgt keine nachhaltige pH-Wert Absenkung außerhalb der Düngerdepots. Ein sehr hoher Stickstoff-Wirkungsgrad liefert kein Versauerungspotential durch Verlagerung von Calciumnitrat.
Beim Schwefel gilt das Gleiche wie beim Stickstoff. Nur die von den Pflanzen nicht aufgenommenen Sulfat-Mengen können Kalzium oder Magnesium verlagern. Die Verlagerung von Magnesiumsulfat hat einen stärkeren pH-Wert Einfluss.
Die Löslichkeit von Kalken ist stark pH-Wert und dem Vermahlungsgrad abhängig. Kalke können die Kationen Kalzium, Magnesium, Silizium und Spurenelemente liefern. Wie schnell sie ihre positive Wirkung auf unsere Böden entfalten, das hängt vom flexiblen Angebot an anorganischen Anionen ab. Neutrale bzw. saure Dünger in Solo- bzw. kombinierter Anwendung fördern hohe Nährstoffwirkungsgrade. Die Ernährung von uns Menschen kann ökologisch und ökonomisch gelingen, nehmen wir die natürliche Komplexität der Nährstoffverlagerung zur Kenntnis. (Andreas Böbe)

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Richard Ratter

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