Abwehrstark und leistungsfähig

In Aktuelles, Raps by Richard RatterHinterlasse uns einen Kommentar

Unzureichend oder unausgewogen ernährte Pflanzen sind deutlich anfälliger gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Optimal mit Nährstoffen versorgt, können sie Attacken viel besser widerstehen.

Vieles kann die Widerstandsfähigkeit von Pflanzen erhöhen. Sortenwahl, Fruchtfolge, Aussaatzeitpunkt oder Bodenbearbeitung – all dies sind wichtige Ansatzpunkte, um die Pflanzen gegenüber Krankheitserregern oder Schädlingen zu stärken. Doch all diese Maßnahmen sind wenig zielführend, wenn die Pflanzen nicht ausgewogen mit den essenziellen Nährstoffen versorgt sind. Es ist genau wie bei Mensch und Tier: Eine unzureichende oder unausgewogene Ernährung führt zu einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Der Einsatz von  Medikamenten bzw. Pflanzenschutzmitteln kann in gewissen Grenzen bei der Abmilderung der Symptomatik helfen, während die eigentliche Ursache – nämlich eine suboptimale Ernährung – dadurch nicht behoben wird.

Präventive Maßnahmen sind erforderlich

Politische Vorgaben zu Einsparungen beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, ein nachlassender Effekt der Wirkstoffe oder auch gesellschaftliche Forderungen bedingen präventive Maßnahmen zur Gesunderhaltung unserer Kulturpflanzen. Zahlreiche Pflanzenanalysen auf Praxisflächen zeigen, dass die Pflanzen häufig Mängel an mindestens einem, oft aber auch an mehreren Nährstoffen aufweisen. Letztendlich bedingt jedes Nährstoffdefizit direkt oder indirekt eine verminderte Widerstandfähigkeit bzw. eine höhere Anfälligkeit der Pflanzen gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Nachfolgend soll dies an ausgewählten Beispielen verdeutlicht werden.

Den Schädlingen davonwachsen Schädlingsfraß kann effektiv durch einen zügigen Biomassezuwachs

der Pflanzen kompensiert werden. Dies setzt allerdings voraus, dass die Bedingungen für das Pflanzenwachstum ansonsten optimal sind, dass also nicht irgendein anderer Wachstumsfaktor imitierend wirkt. Ein Mangel an einem oder auch an mehreren Nährstoffen ist zumeist mit Wachstumsdepressionen bis hin zur Wachstumsstagnation verbunden. Ein Beispiel: Raps stagniert nach einer pfluglosen Grundbodenbearbeitung häufig vorübergehend im Wachstum, was auf eine durch das Stroh der Vorfrucht verursachte temporäre N-Sperre zurückzuführen ist. Bei starkem Erdflohbefall sind die Pflanzen dann in der Jugendentwicklung sehr stark gefährdet, und im schlimmsten Fall müssen die Bestände bereits im Herbst umgebrochen werden. Häufig steigt infolge starken Erdflohbefalls oder allgemein infolge einer vorwinterlichen Entwicklungsverzögerung auch das Auswinterungsrisiko, sodass ein Umbruch dann im Frühjahr erfolgen muss. In Pflugsaat etablierte Rapsbestände sind wegen der Einarbeitung des Vorfrucht-Strohs deutlich seltener von dieser Entwicklungsverzögerung betroffen, sodass die Rapsetablierung hier sicherer gelingt. Allein durch eine situationsangepasste Bodenbearbeitung und Aussaat kann also viel für eine ausreichende Ernährung der Pflanzen bereits in frühester Jugend getan werden.

Anziehung steigt bei Nährstoffmangel

Zahlreiche beißende und saugende Insekten schädigen die Pflanzen entweder direkt durch den Biomasseverlust oder indirekt durch die Übertragung von Pflanzenkrankheiten. Doch nicht jede
Pflanze übt auf Schädlinge den gleichen Reiz aus. Leiden die  Pflanzen an Nährstoffdefiziten, so werden sie deutlich häufiger befallen als bei ausgewogener Nährstoffversorgung. Denn Nährstoffdefizite haben häufig einen gestörten Stoffwechsel zur Folge, was unter anderem eine Anreicherung von Zuckern oder Aminosäuren nach sich zieht. Dies wiederum führt zu einer erhöhten Attraktionswirkung gegenüber Schädlingen. So ist zum Beispiel Magnesium (Mg) als Chlorophyllbestandteil unmittelbar an der photosynthetischen Zuckerbildung beteiligt.
Ferner wirkt Magnesium auch am Abtransport der gebildeten Zucker aus den Blättern in andere Pflanzenorgane wie zum Beispiel in die Wurzel mit. Fehlt es an Magnesium, dann reichern sich die Zucker in den Blättern an. Das wiederum macht die Pflanzen für beißende und saugende Insekten nicht nur attrakiver. Ein weiteres Problem kommt hinzu: Kann der Zucker nämlich nicht aus den Blättern exportiert werden, dann fehlt er in denjenigen Pflanzenorganen, in denen er als Energiequelle und Baustoff unbedingt benötigt wird, so zum Beispiel in der Wurzel. Die Folgen daraus sind ein vermindertes Wurzelwachstum sowie eine insgesamt eingeschränkte Nährstoff- und Wasseraufnahme.

Die Ursache der Nährstoffdefizite

Weitere Nährstoffdefizite – beispielsweise ein Mangel an Phosphor (P), Kalium (K) oder Schwefel (S) – resultieren häufig in einer verminderten Proteinbildung, während sich freie Stickstoffverbindungen (z. B. Aminosäuren) in er Pflanze anreichern. Dies wiederum führt – ähnlich wie die Zuckeranreicherung unter Magnesiummangel – zu einer erhöhten Attraktionswirkung gegenüber Schädlingen. Eine ausreichende Mg-Versorgung kann beispielsweise über die Zufuhr magnesiumhaltiger Kalke im Rahmen der Erhaltungskalkung abgesichert werden. Für eine sofortige Wirkung kann auch eine Mg-Blattdüngung in Erwägung gezogen werden. Phosphor und Kalium werden im Zuge der Grunddüngung vorzugsweise vor der Aussaat  gedüngt. An leichten und mithin sorptionsschwachen Standorten kann aber auch eine K-Düngung im Frühjahr durchaus sinnvoll sein. Besonders an P-fixierenden Standorten (z. B. hoher pH-Wert, hoher Ca-Gehalt) empfiehlt sich überdies die P-Mobilisierung durch Zwischenfrüchte, Leguminosen oder kurzfristig durch versauernd wirkende Düngemittel.

Kein Stickstoff ohne Schwefel

Stickstoff (N) und Schwefel (S) treten in der Pflanze meist in Gesellschaft auf. Das Verhältnis zwischen den beiden Nährstoffen liegt in der Pflanze zwischen 5:1 und 10:1. Das heißt, für die Verwertung von 10 kg N/ha ist mindestens 1 kg S/ha erforderlich. Mangelt es an Schwefel, dann nimmt die Pflanze zwar fortgesetzt Stickstoff auf, kann diesen aber nicht in pflanzeneigene Proteinverbindungen überführen. Fehlt es beispielsweise im Frühjahr an Schwefel, dann kann die Pflanze den aufgenommenen Stickstoff faktisch nicht verwerten; selbst bei sehr hohen N-Gehalten leidet die Pflanze dann an (physiologischem) N-Mangel. Besonders bei überwiegender Nitraternährung kommt es unter diesen Umständen zur Nitratanreicherung in den Zellen; diese werden dadurch groß und wässerig. In der Folge kommt es häufig zu einer erhöhten Lagerneigung und Krankheitsanfälligkeit, und auch das Spätfrostrisiko steigt. Besonders im Qualitätsweizenanbau kommt häufig die Frage auf, zu welchem Zeitpunkt der Schwefel gedüngt werden sollte: zeitig im Frühjahr oder zur Absicherung der Rohproteinwerte doch eher zur Kornfüllung?  Schwefel ist in allen Phasen des Pflanzenwachstums entscheidend. Doch besonders in früheren Entwicklungsstadien muss die Pflanze viel Stickstoff aufnehmen und in pflanzeneigene Verbindungen einbauen. Es empfiehlt sich daher unbedingt, bereits im zeitigen Frühjahr – vorzugsweise in Kombination mit der ersten N-Gabe – Schwefel zu applizieren. Kleinere S-Mengen können aber auch in späteren Entwicklungsstadien (zweite oder dritte N-Gabe) zur Förderung der Qualität (Rohprotein) zugeführt werden.

Streufehler besonders bei Stickstoff bemerkbar

Unsachgemäße Maschineneinstellung, schlechte Düngemittelqualität, ungünstige Applikationsbedingungen wie starker Wind usw. haben eine ungleichmäßige Verteilung der Düngemittel zur Folge. Es resultieren somit kurzfristig sowohl über- als auch unterversorgte Bereiche, was besonders beim mobilen Stickstoff vielfach sofort augenscheinlich wird: In N-unterversorgten Bereichen leiden bekanntermaßen der Ertrag und die Qualität (Rohprotein). Gleichermaßen kann auch die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen herabgesetzt sein, wenn beispielsweise die an der Krankheitsabwehr beteiligte Enzymgarnitur (Enzyme sind aus N-haltigen Aminosäuren aufgebaut) nur unzureichend bereitgestellt werden kann. Pflanzen, die hingegen massiv von N-Überversorgung betroffen sind, haben meist weiche und wässrige Zellen und gehen leicht ins Lager, was allgemein auch das Abtrocknen der Bestände verzögert und mithin das Infektionsrisiko für Pilzkrankheiten deutlich erhöht.

Auch abiotischen Stress abmildern

Im Zusammenhang mit dem Klimawandel nimmt auch die Strahlungsintensität zu. Das führt in den Pflanzen zur verstärkten Bildung von Sauerstoffradikalen. Diese können dann das Pflanzengewebe schädigen. Zur Entgiftung dieser Radikale benötigt die Pflanze besonders die Mikronährstoffe Eisen, Kupfer, Mangan und Zink. All diesen Nährstoffen ist gemein, dass sie selbst bei hohen Bodengehalten infolge von Festlegungsprozessen  – besonders bei hohen  pH-Werten – nicht pflanzenverfügbar sind. Empfehlenswert ist in diesem Fall die Mobilisierung dieser Nährstoffe durch sauer wirkende (also ammoniumbetonte) N-Dünger, wie zum Beispiel Ammoniumsulfat oder Harnstoff. Ferner besteht auch die Möglichkeit, vor allem die Mikronährstoffe wirkungsvoll durch eine ein- oder auch mehrmalige Blattdüngung zuzuführen.

FAZIT:

  • Nährstoffmangel und/oder eine unausgewogene Nährstoffversorgung der Pflanzen gehen mit Ertragseinbußen einher, da ein störungsfreier Ablauf der Stoffwechselprozesse nicht gewährleistet
    ist.
  • Indirekte Ertragseinbußen resultieren überdies aus der erhöhten Anfälligkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen.
  • Auch abiotischer Stress wie beispielsweise starke Sonneneinstrahlung kann durch eine ausgewogene Pflanzenernährung abgemildert werden.
  • Auch optimal ernährte Pflanzen können krank oder von Schädlingen befallen werden. Doch ihre natürlichen Abwehrkräfte und ihr Kompensationsvermögen sind deutlich stärker ausgebildet.

Dieser Artikel wurde von Dr. Michael Dreyer, Landesarbeitskreis Düngung Ost, verfasst und ist in der Bauernzeitung in der 30. Woche 2023 erschienen.

 

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Richard Ratter

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